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Deutsche Meisterschaft Marathon in Mainz

Wie in kaum einem anderen Sport gilt für den Marathon, „was lange währt, wird endlich gut“. Drei famose Einzelleistungen konnten am Ende zu einer überragenden Teamleistung aufaddiert werden und sorgten so dafür, dass endlich geerntet werden konnte, was über viele Jahre vorbereitet wurde. Birgitt Bohn (2:42:06), Anke Holljesiefken (2:54:08) und Vera Martens (2:57:17) wiesen am Ende mit 8:33:20 fast elf Minuten Vorsprung auf die bisher übermächtig erscheinende Konkurrenz der LG telis finanz Regensburg auf. Ein wenig schade, dass die Teams nur aus drei Läuferinnen bestehen. So musste Viera Böhler trotz ihres bisher schnellsten Marathons in 3:00:05 bei der Siegerehrung etwas außen vor bleiben. Im internen Kreis wurde sie aber genauso gefeiert, wie die drei mit Gold behängten Siegerinnen. Ergänzt wurde der tolle Teamerfolg mit zahlreichen Podiumsplätzen in den Einzelwertungen, von denen die beiden dritten Plätze von Birgitt Bohn und David Karl weitere Höhepunkte sind. Beide liefen neue persönliche Bestzeiten, wobei David seine sehr gute alte Bestzeit von 2:30 geradezu pulverisierte und sich auf 2:24:02 (Netto 2:23:59) steigerte. Auch Birgitt steigerte ihre immerhin fast zwei Jahre gültige Bestzeit um eine knappe Minute.

Hinter dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte steckt die monatelange Vorbereitung unter Trainer Kurt Stenzel, der es erneut wie kein zweiter schaffte, seine Truppe auf den Punkt topfit und hochmotiviert an den Start zu bringen und mit einer Renntaktik auszustatten, die sich im Laufe des Rennens als im wahrsten Sinne des Wortes goldrichtig erwies. Birgitt sollte möglichst mit der schnellsten Konkurrentin aus Regensburg mithalten oder gar einen kleinen Vorsprung heraus laufen. Dahinter war das Doppelpack Anke und Vera  vorgesehen, das sich im besten Falle bis ins Ziel gegenseitig unterstützen könnte. Die sehr ehrgeizige Viera stand bereit, jederzeit einzuspringen, sollte vor ihr etwas schief gehen. Fast alles ging wie geplant in Erfüllung und am Ende des Rennens stand der lang ersehnte Teamerfolg.

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Birgitt ging die erste Hälfte wie gewohnt zurückhaltend an und behielt dabei ihre Konkurrentin im Auge. Bei KM 10 lag sie lediglich 15 Sek. zurück, bei KM 15 betrug der Rückstand nur 23 Sek. Dann geschah eine zu diesem frühen Zeitpunkt ungeplante Wende des Rennens. Innerhalb weniger KM hatte Birgitt den Rückstand plötzlich aufgeholt und setzte sich gleich deutlich ab. In diesem Augenblick war klar, dass es diesmal für unsere Frauen klappen könnte. Nach 1:21:17 war die erste Hälfte kräftesparend auf Platz 4 liegend absolviert. Die ersten drei Plätze lagen fast drei Minuten entfernt, eigentlich unerreichbar. Hinter ihr hatten einige Frauen die erste Hälfte sichtbar zu schnell absolviert und fielen immer weiter zurück. Das Rennen um die vorderen Plätze schien gelaufen, bei KM 33 betrug der Rückstand auf Platz 3 immer noch deutlich mehr als 2 Min. Die Entscheidung fiel auf den letzten KM. Bei 37 betrug der Rückstand nur noch 80 Sek. Mit ihrem bereits bekannte Endspurt setzte sich Birgitt kurz nach KM 40 auf Platz 3 und sicherte erneut eine Einzelmedaille. Im Ziel war selbst Platz 2 nur noch 21 Sek. entfernt. Die ersten Plätze mit den Teams in der Gesamtwertung sowie der W35/W40 und der Einzelwertung in der AK W35 bedeuteten dreimal Gold.

Anke und Vera setzten ihre taktische Marschroute fast zwei Drittel des Rennens um. Als es über die Rheinbrücke zurück nach Mainz ging, musste Vera abreißen lassen. Bis dahin hatte sie zumeist die Tempoarbeit für sich und Anke erledigt. Nun ging es für sie darum, nicht zu viel an Tempo einzubüßen. Ankes Leistungsstand war vor dem Start nur schwer einzuschätzen. Zwei Jahre nach ihrem letzten Marathon und 18 Monate nach der Geburt von Sohn Lasse, hat sie noch keine Möglichkeiten gefunden, wie gewohnt zu trainieren, zumal sie als Juristin auch beruflich stark gefordert ist. Als sich das Duo auflöste, wollte sie  ebenfalls langsamer laufen und Vera unterstützen. Kurt und Vera selbst machten ihr aber unmissverständlich klar, dass das eine sehr generöse Geste wäre, leider aber dem Teamerfolg nicht ganz zuträglich. So „musste“ sie ihr Tempo weiter beibehalten. Auf den letzten KM zog sie das Tempo sogar nochmals an, machte einigen Rückstand auf die vor ihr liegenden Regensburger Konkurrentinnen gut und sammelte auf den letzten 10 KM noch drei Frauen ein. Ankes Leistung ist angesichts einer Schrecksekunde kurz nach dem Start noch höher zu bewerten. Ein Läufer lief ihr von hinten in die Beine und brachte sie zu Sturz. Sie rappelte sich sofort auf, prüfte kurz Arme und Beine auf Unversehrtheit und setzte das Rennen mit einigen Schürfwunden und einer 42 km lang blutenden Platzwunde am Kinn fort. Verdienter Lohn war Platz 8 in der Einzelwertung, Gold mit dem Team in der Gesamtwertung sowie Platz 3 in der W35.

Auch Vera absolvierte das Rennen im letzten Drittel sehr souverän, wenn auch langsamer werdend. Richtig einschätzend, gegen schwindende Kräfte mit der Brechstange wenig tun zu können, passte sie das Tempo an und kämpfte dennoch um Sekunden und Meter, immer den möglichen Teamerfolg vor Augen. Dafür wurde sie belohnt, denn eine Konkurrentin wurde von Vera noch überholt. Im Ziel lag sie letztlich auf Platz 12 der Gesamtwertung und dem undankbaren Platz 4 in der W40. Eine Goldmedaille nahm sie gemeinsam mit Birgitt und Anke für das Team in der AK W35/40 in Empfang.

Wer die nackten Zahlen betrachtet, könnte leicht denken, dass der Tag für Viera Böhler ein Schlag ins Wasser war. Um wenige Sekunden an ihrer Traumzeit unter 3 Std. gescheitert, an der Teammedaille als vierte Frau vorbei gelaufen und trotzdem im Ziel ausgepumpt und am Ende der Kräfte. Ganz im Gegenteil, Viera bewies, dass der Marathon ganz eigentümliche Geschichten schreiben kann. Sie strahlte mindestens genauso wie die anderen Frauen, denn ihre persönliche Bilanz lautete: Bestzeit erneut um mehr als eine Minute gesteigert, Dauerrivalin  erstmals besiegt und Bronzemedaille in der W45. Dass sie sich die fehlenden Sekunden auf die Traumzeit selbst zuzuschreiben hatte, musste schon direkt nach dem Rennen keiner mehr erwähnen. In 41:30 Min. war sie die ersten 10 KM angegangen und sie wurde mehrfach deutlich ermahnt, dass das viel zu schnell sei. Bei Halbmarathon hatte sie einen Teil ihres Vorsprungs auf die Traumzeit bereits eingebüßt. Ab KM 30 wurden die Beine immer schwerer und Viera musste nun ihr Kämpferherz bemühen, um bis zur langen Zielgeraden die Option auf die sub3 offen zu halten. Erst die letzten 500 Meter waren zu viel für die Kraftreserven. Immerhin weiß Viera nun, dass sie unter drei Stunden ins Ziel kommen kann (und wird).

2009_dm_marathon_5Die Erfolge der Männer sind vor allem deswegen weit weniger umfangreich, weil diese verletzungsbedingt oder aufgrund alternativer Wettkampfplanung diesmal bis auf Neuzugang David Karl nicht in Mainz starteten. Mit David hatte Spiridon aber ein echtes As im Spiel. Denn erstmals gelang es einen Mann von Spiridon Frankfurt bei deutschen Meisterschaften im Marathon in der Gesamtwertung unter die ersten drei zu kommen. Noch begeisternder war die Art und Weise, wie David Karl sich die Bronzemedaille scheinbar wie im Spaziergang abholte. In anderen Sportarten wurde dafür der Spruch „sein Ding machen“ geprägt. Wegen seiner Ausbildung zum Flugzeugpiloten bei der Lufthansa oftmals nur eingeschränkt trainierend, war seine Zielstellung mit 2:28 bis 2:30 eher defensiv. Zu defensiv, wie sich gleich zu Beginn des Rennens zeigte. Statt in 35:15 waren die ersten 10 Km in 34:30 gelaufen. Die nächsten 10 km waren dann gar in 34:10 absolviert. 1:12:45 stand nach der Hälfte auf der Uhr. Alle dachten nun, ab jetzt ginge es nur noch darum, möglichst viel der Sekunden auf eine Endzeit unter 2:28 bis ins Ziel zu retten. David hatte indes anderes vor. Er zog das Tempo an und wirkte dabei jederzeit locker und entspannt. Nach 1:11:17 war die zweite Hälfte absolviert, die schnellste Zeit eines deutschen Mannes auf der zweiten Hälfte. 2:24:02 war die Endzeit, die David einen nie erwarteten dritten Platz in der Meisterschaft einbrachte. Der erst 22-jährige hatte alle überrascht und war sichtlich zufrieden mit sich und auch der tollen Unterstützung der Spiridonis im Publikum.

Die Ergebnisliste offenbart, dass Spiridons Männer nicht einmal die Bestbesetzung benötigt hätte, um diesmal ganz weit vorne mitzulaufen. Auch dies ein Beweis, welches Niveau durch die erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre erreicht wurde.

Sichtlich zufrieden zeigten sich am Ende des Tages alle Beteiligten, die in Mainz dabei waren. Vorstand, Trainer, zahlreiche Betreuer und Zuschauer genossen die Erfolge genauso wie unsere Läufer und Läuferinnen. Unsere Erfolge und die gute Stimmung sind inzwischen auch in den Medien angekommen. Nicht wenige Pressevertreter suchten vor und bei der Siegerehrung Kontakt zu unseren „Stars“ und berichteten darüber ausführlich.

 Torsten Sigmund Fotos: Peter Leblang 

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