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"von obbe nach unne"

Die Strecke:

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1. Juni, Frankfurt, Es kommt immer anders, als...

Liebe Freundinnen und Freunde,

sechs Jahre nach meiner Radtour von Alaska nach New York (wegen der vielen Auf und Abs in den Rockies unter dem Motto " ruff un runner " stehend) starte ich erneut eine Radreise. Kürzer zwar, aber dafür sportlich sehr ambitioniert. Sie führt mich innerhalb von ca. 6 Wochen vom Nordkap, quer durch Europa nach Marokko. Motto: "von obbe nach unne". Ich hoffe, dass mir, trotz des engen Fahrplans, Zeit bleibt, 1 - 2 mal die Woche Euch an meiner Reise mit einer Rundmail teilhaben zu lassen.

Allerdings habe ich viel Verständnis, dass nicht jeder, über die sowieso schon uns überschwemmenden Werbe- und Spammails hinaus, mit noch mehr Mails zugetextet werden möchte. Deswegen würde ich auch nur die in meine
Rundmail mitaufnehmen, die mir das mit einem kurzen "JA" zurückmailen. Alle, die keine Mails erhalten möchten, brauchen ab hier auch nicht mehr weiterzulesen.

7000 bis 8000 km stehen mir nun mit Beginn meiner Reise bevor. Seit Ostern habe ich mich mit der Planung beschäftigt: Ich  kann schon 1 1/2 Tage vor dem eigentlichen Schulferienbeginn losfahren, so dass ich wirklich an der Sommersonnenwende am Nordkap sein werde.

Am Mittwoch den 18.6.2008 werde ich, direkt nach meinem Dienstschluss in Neu Isenburg um 13.20, zum Frankfurter Hauptbahnhof fahren, wo eine Stunde später mein Zug nach Rostock abfährt. Nach meiner Ankuft in Rostock habe ich 90 Min. Zeit, um den 25 - 30 km entfernten Check-In-Terminal der Fähre nach Helsinki zu erreichen. Meine erste kleine Herausforderung.
Nach 25 Stunden auf der Ostsee habe ich 18 Stunden Zeit, mir Helsinki anzuschauen, bevor mich ein Bus in nochmals 25 Stunden direkt ans Nordkap bringt, das ich kurz vor Mitternacht am 21. Juni erreichen werde.

Mein Zeitplan beinhaltet auch, dass ich spätestens um den 12./13. Juli für einen Tag (zum Wäschewechsel und Mutters Rasen mähen) nach Frankfurt komme.

Ihr seht, ich habe mich sehr gut auf die Reise vorbereitet. Dies trifft allerdings überhaupt nicht auf meine körperliche Verfassung zu. Seit dem Umzug unserer Schule an Ostern nach Neu-Isenburg bin ich schon nach 6 und ebbes Kilometern am Arbeitsplatz. Weil ich auch ein gutes Buch jeder Radtouristikfahrt und auch sonstigem Training vorgezogen habe, steht bei mir lediglich zu Buche: einmal 72 km sonntagsradeln an der Bergstraße (in 7 Stunden), einmal 30 km (am Stück!) nach Seligenstadt, und 27 mal Fahrt zur Arbeit.

Nun, das ist nicht wirklich viel. Auch wenn ich um des Trainings willen meine Fahrt zur Arbeit meist mit einem alten 1-Gang Herrenrad mit extra halbplatten Reifen bewältigt habe.Weniger als 3 Stunden Laufen in der Woche und mein dennoch ungezügelter Kuchenkonsum haben mein Bäuchlein um 5 Kilo (gefühlte 15) anschwellen lassen.

Alles andere als gute Voraussetzungen, um mit einem mit 4 Packtaschen, Zelt, Isomatte und Schlafsack beladenen Trekkingrad von 0 auf hundert, bzw. treffender von 6,.. auf täglich mindestens 200 km zu kommen. Aber ich hoffe, dass mein Kampfgeist und meine Amerikaerfahrung ausreichen werden, damit ich mein Ziel erreiche. Wir werden sehen.

Nach den ersten Rückmeldungen freue ich mich, dass viele von Euch per Mail mit mir auf Reisen gehen wollen.

Einen lieben Gruß

Bernhard

 


 

18. Juni, Neu-Isenburg - Bin dann mal weg

Hallo Freunde,

in meiner letzten Pause vor meinem Arbeitsende- ich gehe nur nochmal mit ein paar Schülern in unser 33° warmes Therapiebad- noch eine kleine Abschiedsmail:

Vorab möchte ich mich schon mal für den ein oder anderen grammatikalischen Lapsus bei Euch entschuldigen. Ich bin leider nicht als Germanist, oder Literaturtwissenschaftler geboren worden und außerdem hat ein unter Zeitdruck stehende Radler besseres zu tun. Ergo: Korekturlesen gestrichen.

Bitte seid mir auch nicht böse, wenn ich nicht alle Mails von Euch gleich beantworte. Das kommt später.

Der Wetterbericht für das Nordkapp sagt ab Donnerstag ,zum ersten mal in diesem Jahr, Temperaturen im zweistelligen Bereich voraus. Ich traue der Sache noch nicht und werde trotzdem, zusätzlich zu meinen normalen Handschuhen, mal meine Gore-Tex-Fausthandschuhe mitnehmen. Als Weichei darf ich das!
Ich habe es auch weiterhin geschafft, jegliches Radtraining zu vermeiden. Das erhöht die Vorfreude.

Die nächsten 82 Stunden werde ich in Bahn, Schiff und Bus verbringen, wobei ich mir eine Aufteilung in 42 Stunden Essen und 40 Stunden Schlaf vornehme, um am Sonntagmorgen dann bestens präpariert loszuradeln.
So, und nun bin ich dann mal weg.

Einen lieben Gruß an alle

Bernhard

 


 

20. Juni, Helsinki - Die ersten Begegnungen

Hallo zusammen,

finnische Tastaturen sind doch anders als unsere. Trotzdem genehmige ich mir nochmal eine ausgiebige Mailzeit ( und auch Mahlzeit anschliessend). Die letzte ausfuerliche, denn jetzt muss es endlich mal mit dem Radeln losgehen.

Ihr seht ich bin jetzt in Helsinki gelandet. Mal Sonne mal Regentropfen,17 Grad. Seit heute morgen um 5.00 Uhr radele ich durch die Stadt, die heute im Ausnahmezustand ist, weil heute Mittsommernacht und damit höchster Feiertag( wie bei uns Heilig Abend)ist. Die Geschäfte haben morgens nochmal 4 Std offen und dann fliehen alle Menschen in ihre Wochendhäuser. Lt Touristinfo ist ab Mittag Helsinki ausgestorben.

Meine erste Reisebekanntschaft habe ich bereits in Hamburg gemacht. Ich sass schon in meinem Zug nach Rostock, als gerade die Tueren zugehen wollten und draussen ein vollbepackter Radler angesaustkam. Ich habe mich zwischen die zugehende Tueren geworfen und wir haben gerade noch das Rad mit vereinten Kräftenn hineinhiefen können. Stefan, auf dem Weg wie ich nach Helsinki, hatte einfach in einem Cafe die Zeit vertrödelt. Sein nächster Fehler war, dass er dachte Bahnhof und Hafen liegen in der Nähe. Er war heilfroh, dass ich mir die Strecke ausgedruckt hatte und er nur hinter mir her fahren musste; und das sehr schnell. Zum Glueck waren es etwas weniger als 20 km, so dass wir sogar noch 15min zu frueh da waren.

Um 2.00 war ich dann endlich in meiner Viererkoje. Es war keine ruhige Nacht!! Von den 4 schnarchten 3. Zwei finnische "Waldarbeiter" und ein russischer "Sägewerksbesitzer" sägten scheinbar in dieser Nacht alle Wälder Kareliens nieder. Der einsame deutsche Radler zählte viele Schafe diese Nacht. Guter Schlaf geht anders.
Was freue ich mich auf mein Zelt!

Und dann hätt ich da noch ein Problem:
Nachdem ich gestern auf dem Schiff, mit vielen anderen, den deutschen Sieg gefeiert habe, möchte ich doch auch noch gerne das Halbfinale sehen. Wer mir helfen möcht schicke mir bitte seinen alten Fernseher an.
Bernhard Knopp
Reiseradler
-postlagernd-
Nordschweden.

So, das war sie, die letzte Mail vor dem Nordkap und auch die letzte Mail ganz ohne Zeitdruck.

Lasst es Euch gut gehen.

 


 

21. Juni, Rovaniemi - Es kommt immer anders, als...

Ach schon wieder der Knopp,

werdet ihr jetzt sagen und das hat mit Folgendem zu tun:

Nach dem mir gestern Stefan, als "Danke schön" fuer die Tuergeschichte und das Windschattenfahren eine Stadtfuehrung(er lebte 2 Jahren dort) gegeben hat. War ich schon 4 stunden vor Abfahrt im Busterminal. Nachdem ich meinen Bus um 22.00 Uhr auf den ausgehängten Fahrplänen sah, aber nicht auf der aktuellen Anzeigentafel, schwante mir schon Böses. Es kam wie es kommen musste. Der Bus fuhr nicht, obwohl ich insgesamt drei mal dort angerufen hatte, das letzte mal vor 3 Wochen, um mein Rad fuer den 20.6. anzumelden. Kein Angestellter sagte mir damals etwas, aber auch kein Aushang, oder Hinweis am Terminal. Die anderen Busfahrer und Sicherheitsleute sagten mir zwar, dass der Bus doch fuehre, aber war nicht.

Etwas gefrustet ueber meine zusammengebrochenen Pläne und nach 8 Stunden auf einem kalten und zugigen und fast menschenverlassenen Busterminal entschloss ich mich den "nördlichsten" Bus zu nehmen. Er hat mich gerade nach 14 Stunden nach Rovaniemi (Polarkreis) gebracht. Immerhin, nur noch 750 km bis zum Nordkap.

Da hier erstaunlicherweise nur sehr wenige englisch sprechen, habe ich mit Händen und Fuessen versucht meine weiteren Weg zum Nordkap zun planen, so dass, wenn alles gut ! geht, ich am Dienstag, also nur 2 Tage später, da "obbe" sein werde. Ich traue aber der Sache nocht nicht so ganz.
Denn: ...es kommt immer anders, als man denkt....

Ich habe nach meiner Ankunft ein Hostel gefunden. Knopp dem "noch"-Weichei waers zu kalt im Zelt und ausserdem möchte ich auch nochmal Fussball gugge.

Einen lieben Gruss und hoffentlich sobald keine bad news von mir

Bernhard

 


 

23. Juni, Alta - nun doch obbe

"Nordkapp ist da, wo die Sonn nie unner geht, wenn sie denn mal scheine daet"
(beruehmter Frankfurter Philosoph; aber weder Schopenhauer. noch Schobbehauer oae.?)

Erstmal vielen Dank fuer alle Mails und das Ihr so toll an meiner Reise Anteil nehmt. Nach ein paar Anfragen habe ich auch nichts dagegen, wenn Ihr sie weiterleitet.

Ich habe es nun doch noch geschafft, mit nur einem Tag Verspaetung, ans Nordkapp zu kommen. Ich habe meinen ersten Jubelschrei gemacht, als ich den Bus mit dem Nordkappschild in Rovaniemi sah.
Sonntagabend 23.00 Uhr war ich oben, leider mit tausend anderen Touristen( vor allem Leute der Hurtigrouten) und bei miesen Wetter. Eintritt kostet da oben 30 Euro, und auch der Tunnel fast 50. Gut das die Norweger ein Herz fuers Radeln haben und ich beides kostenlos hatte.

Um kurz vor Mitternacht bin ich dann losgefahren; und nach 500 m hat es angefangen feste zu regnen, und weil es 300 m hoch war, bei 5 Grad, war es sogar Schneeregen. Toller Anfang!

Ich habe aber trotzdem durchgehalten, trotz eiskalter Fuesse. Habe die ersten Begegnungen mit Rentieren gemacht und vorhin noch Jan, Norweger, kennengelernt. Er faehrt die Strecke Nordkapp -
Suedspitze/Nor. mit einem Hochrad(Vollgummi) von 1880. Mit Sandalen, Norwegerkniestruempfe, Kniebundhosen, original Barttracht etc. Respekt.

Ich bin heute den ganzen Tag am Schnee vorbeigefahren. Alles, was hoeher als 200 m liegt, hat eine geschlossene Schneedecke. Mangels Mitreisendem musste ich eine Schneebalschlacht mit mir selbst unternehmen; dabei habe ich den B. ganz schoen fest eingeseift;-))))

Ich bin jetzt hier in Alta/Nordnorwegen, ungefaehr 250 km vom Nordkapp entfernt, und weil es seit einer Stunde so schoen ist, es morgen Nachmittag schon wieder regnen soll und sogar uebermorgen noch kaelter wird, moechte ich heute noch die 300 vollmachen, damit ich aus diesem Miesewetter- und kaelte noch wieder heraus, in den Sueden komme. Und ausserdem habe ich grosse Probleme auf meine angepeilten 5000 kalorien zu kommen. Es macht einfach keinen Spass Durchweichtes und kalte Sachen mit kalten Fingern zu essen.

Mache mich jetzt wieder auf Tour. Bleibt mir gewogen
Bernhard

 


 

27. Juni, Lulea - Endlich den Busen gesehen

Hallo zusammen, die Internetcafes sind hier spaerlich gesaet. Deswegen hier mal eine Kurzfassung.Ich habe am ersten Tag tatsaechlich noch dei 300 km-Grenze gepackt, will jetzt aber an meinen ca 200 km- Limit festhalten, weils der Psiche und dem Koerper gut tut(Dumm die Schweden haben kein ipsilon)
Seit ein paar tagen zelte ich wild,, was gar nicht so einfach ist, weil hier alles immmer voller Wasser, Moos, oder Sumpf ist; schliesslich möchte ich ja nicht in ein paar huntert Jahren hier wieder als Moorleiche auftauchen;-)).

Das Wetter verhaelt sich wie folgt: 50% Regen, 48% nur bewölkt, 2% Sonne. Meist zwischen 8 und 12 Grad.Dementsrechend bin ich mich den ganzen Tag immer nur am umziehen.

Was ich so anhabe? 2 Paar Socken, Radschuhe, immer Regengamaschen
1 T-shirt, 1 sweatshirt, Funktionsjacke, mehrmals täglich Regencape
wahlweise Fingerhandschuhe oder Gore-Tex-Fäustlinge

Vorgestern wollte ich, der Deutschen Elf zu ehren, nur 160 km fahren. Dann wollte ich ein schönes Zimmer nehmen. Doch dann kam auf den nächsten 100 km, kein Haus, kein Laden, kein Hotel; und der Gegenwind, der mich z.Z. meist in Ruhe lässt, blies gnadenlos. Als ich das erste Hotel fand bin ich nur noch vom Rad gepurzelt; aber immerhin noch rechtzeitig zum Anpfiff.
Am anderen Morgen habe ich mir viel Zeit zum Fruehstueck gelassen.Ergegniss: 8 Brötchen, 2 Suppenteller Muesli, 2 Suppenteller Joghurt, ein Ei.

Unterwegs traf ich vorgestern einen echternHannebambel und eine Hannebembelin aus Giessen. Mer ham beim radeln e halb Stund hessisch gebabbelt. War des schee. Dann hat es geregnet. Sie haben sich untergestellt und ich mein Regenumhang an und weiter gefahren.

Zum Schluss zu meiner Strecke: Bin ueber Alta Nordnorwegen am zweiten Tag mit einer Dreiländertour
fortgefahren. Kautokeino und Tornio( am Bottnischen Meerbusen,Finnland) und seitdem in Schweden.
Habe gerade Lulea an der grossen Europastrasse E4 hinter mir gelassen. Es war der Horror. Dagegen ist die B3 eine verkehrsberuhigte Zone. Jetzt etwas weiter suedlich scheint es besser zu werden, aber ohne Standstreifen und diese aufgerauhten "Wachhaltestreifen" machen die Aussicht auf die nächsten ca 750 km auf der E4 zu keiner schönen Aussicht. Ausserdem hatte der Wetterbericht fuer heute mal wieder Unrecht; 11 statt 18 Grad, Wolken statt Sonne und Gegenwind statt Rueckenw. Anders herum wäre es besser.

Insgesamt bin ich trotzdem ueber den Verlauf sehr zufreiden. Ich liege sogar knapp unter meine Zeitplan(den ersten Tausender werde ich gleich voll machen) habe schöne Aussichten( die ich leider wegen des Regens nicht fotografisch festgehalten habe(max 2 Bilder am Tag). Und dann freue ich mich natuerlich auch auf das Finale am Sonntag. Dann werde ich mir auch wieder mal ein Bett in einem Hotel gönnen usw.

Danke, fuer alle eure Aufmunterungsmails. Bis zum nächsten Mal.

Liebe Gruesse
Bernhard

 


 

29. Juni, Söderham - Mal was aus der Mitte

Hallo Freunde,

gerade habe ich endlich die E4 verlassen , die Schweden, von Nord nach Sued, an der Kueste entlangzieht. Sie war die ersten hundert Km ein Horror, dann wieder vertraeglich, um alle Staedte herum fuer Radler verboten( hab's endweder ignoriert, oder mich geärgert, dass der Weg durch die Stadt ein riesiger Umweg war, nicht ausgeschildert, etc und viel Zeit verloren ging) und zum Schluss bin ich froh, das ich jetzt quer durch Mittelschweden fahren kann, Richtung Göteborg. Bin ca 300 km nördlich von Stockholm, in Söderhamn, und zum Endspiel ansehen in ein Hotel gegangen. Dafuer musste ich allerdings nochmal 20 km zurueckradeln, weil mir unterwegs Leute erzaehlten, dass es auf den nächsten 130 km, weder ein Hotel noch ein Supermarkt gibt. Dumm glaufen/gefahren. Das fuer meine Verhälnis sehr noble/teure Hotel, erlaubt mir immerhin freemailing; und sie wissen noch nicht welch ein Fruehstuecksmonster morgen frueh da auftauchen wird.

Das Hotel wurde aber auch wieder mal Zeit, denn die letzten 3 Nächte war ich wieder in der Wildniss unterwegs, und da gibt's halt mal keine Duschen. So, dass ich mich manchmal selbst nicht mehr riechen mag,-)
Stich wort Wildniss: Meine "tierischen" Kontakte beschraenken sich bisher auf Rentier, Elch, Waschbär und Fuchs. Mir reicht das schon. Fotogafieren fällt z.Z. wg leerer Batterien aus, meine Handiakkus sind auch leer. Nur noch Natur pur.

Ausser zu den Fussballterminen, hat sich bei mir folgender Tagesablauf eingependelt:
5.00 Uhr aufstehen, Essen, Schminken;-), Zeltabbau (Toilette gehen versuche ich zu vermeiden, weil die Donnerbalkenzeiten aus meiner Pfadfinderzeit schon sehr lange zurueckliegen und es vorher noch einer "Technikschulung" beduerft hätte.
6.00 Abfahrt, 110 -120 km radeln, dann Supermarkt aufsuchen, leerkaufen und dabei Toiletten benutzen, sich waschen und Wasserflaschen auffuellen.
20.00 Uhr, bzw ab Kilometerstand 200, Zeltplatzsuche( geht schnell), Zeltaufbau, Abendessen,
21.30 Licht aus und Rollos runter, weils immer hell ist;-)

Ich habe nun in den ersten 7 Tagen schon knapp ueber 1500 km( die ersten 1200 km sogar ganz ohne Ampel!) hinter mir; und vielleicht uebermorgen schon die Hälfte der Strecke Nordkapp-Frankfurt. Es sind noch ca 750 - 800 km( 4 Tage?) bis Göteborg, wo ich dann nach Daenemark uebersetzen werde.
(Es läuft so gut, vielleicht mache ich noch schnell einen kleinen Abstecher nach Moskau;-))) (Hr Knopp, Du "alter Schwede":Uebermut tut selten gut).

Im Ernst: Mein Motto beim Kilometerraffen habe ich der alten Frankfurter Rockgruppe - Flatsch- entnommen: " Was mer hat, des hat mer -schubidu- hat mer's net, dann fehlt's eim".

So, dass war es wieder mal. So ausfuehrlich wahrscheinlich das letzte mal vor meinem Frankfurter Zwischenstop. Vielleicht finde ich unterwegs aber auch noch mal eine "Eierlegende Wollmilchsau"( ein Internetcafe direkt an der Strecke, kostenlos, Fahrrad in Sichtweise und mit einem tollen Essensangebot).

Mittlerweile ist Spanien Europameister, der Abstecher hat sich aber trotzdem gelohnt. Nehmt es nicht so tragisch. Morgen scheint uns hoffentlich wieder die Sonne.

Ich wuensche uns allen eine schöne Woche. Bis bald.

Bernhard

Söderhamn, den 29.Juni 2008, 23.20 Uhr.

 


 

1. Juli - 500 km vor Göteborg - Heftige Knieschmerzen!

Hello again, leider aus einem frustrierendem Anlass.

Seit 2 Tagen plagen mich heftigste Knieschmerzen. Jeder einzelne Tritt verursacht Schmerzen; und irgendwie ist der ganze Spass verloren gegangen. Habe schon das Rad umgebaut, fahre ohne Radschuhe, versuche mein Fahrstil zu verändern( hoehere Trittfrequenz, weniger Kraftaufwand) und als Placebo habe ich sogar ein Tuete Haribo gegessen, weil ich denke, dass die Scherzen von einer Abnutzung der Kniescheibe herkommen(Chondropathie). Und da hilft eigentlich nur Ruhe
Jedes kleine Bergchen wird zur Quälerei und längere pausen Standard.

Bin jetzt genau 1900 km gefahren und muss irgendwie mit allem rechnen. Zunächst einmal noch die knapp  500 km nach Göteborg  und dann mal ueber mein Minimalziel Frankfurt auf der Fähre nach Dänemark nachdenken.

Ich halte Euch auf dem Laufenden

Bernhard

 


 

3. Juli - Dänemark ist erreicht - Schweden ade

Hallo Ihr da unten,

erstmal vielen Dank, fuer all Euer Mitgefuehl, Eure Vorschlaege und Wuensche

Nachdem die Schmerzen unertraeglichn wurden, habe ich zum ersten mal seid mehr als 30 Jahren, mir ein Schmerzmittel in der Apotheke besorgt. Und ich musste feststellen: es hilft. Zwar ist es fragwuerdig, koerperliche Schmerzen zu uebergehen, aber andererseits, war es auch ein tolles Gefuehl, wieder fast ohne Schmerzen fahren zu koennen. Ich werde mir medizinischen Rat bei den Mediziner unter Euch holen, um dann zu sehen, wie es weiter geht.

Es hat gestern wieder unglaublich viel Spass gemacht zu radeln, vor allem weil ich konditionell relativ fit bin. Ich bin also ueber Falun, Karlskroga gestern Abend um 22.00 Uhr in Goeteborg angekommen.Tagesetappe 280 km.

Ich hatte schon zu hause den Fahrplan studiert und konnte so um Mitternacht, noch die Faehre nach Daenemark erreichen.(Die LKW-Trucker liessen mich sogar noch in Ihrem Aufenthaltsraum am Hafen, waschen und essen).

Bis Goeteborg bin ich nach 10 Tagen insgesamt 2301 km geradelt.

Von der Tundra des Nordkapp bis zu  den tausenden von Seen in Schweden, habe ich viel gesehen.( Kommischerweise war ich arg "enttaeuscht" ueber die Mickrigkeit und Anzahl von Moskitos,; ich soll Ihren groesseren Bruedern in Alaska beim naechsten mal schoene Gruesse ausrichten;-)
Besonders erfreulich waren die Autofahrer des Nordens, die immer ganz weite Boegen um die Radler machen, nur sicher ueberholen und so gut wie nie hupen. Und auf diesen 2300 km habe ich auch nie nur einen Glassplitter auf der Strasse gesehen.

Das alles hat sich heute,(Bin um 3.30 Uhr im Sonnenaufgang, nach einer Stunde Schlaf auf der Faehre in Fredrikshaven losgefahren) total geaendert. Viel Glas, viel Verkehr, andauernd knackige, kurze Huegel und ein Gegenwind der Dich fast vom Rad holt, haben mich ein bischen weniger enthusiastisch werden lassen. Trotzdem hoffe ich spaetestens Samstag wieder in Deutschland zu sein.

Muss jetzt sofort ins Bett zum Schlaf nachholen. Und morgen gibts in meinem Hotell wieder Fruehstuecksbuffet.......

Einen lieben Gruss

Bernhard

P.S. Nach dieser tollen Pille gegen Schmerzen; wer besorgt mir denn bis zu meinem Erscheinen naechste Woche in Frankfurt endlich diese Wunderpille gegen den Gegenwind. Forschungsauftrag erteilt;-))

 


 

7. Juli - Frankfurt - dehaam is dehaam

Liebe Freunde,

Bernie is back.

Heute Nachmittag bin ich wieder in Frankfurt gelandet. Nach 15 Tagen und rund 3400 km sah ich von Friedberg an die Frankfurter Skyline und das hat mir, trotz des heftigen Gegenwindes, die Beine leicht gemacht. Apropos Friedberg: Ich sah am Strassenrand, von der gestrigen Radstrecke des Ironman, tausende von Bananenschalen, Energieriegelverpackungen etc. und man glaubt es nicht sogar eine Zigarettenschachtel. Ein Triathlet der beim Radeln raucht; Sachen gibt's ;-))

Am Tag nach meiner letzten Mail aus Dänemark, hatte ich zum ersten und einzigsten Mal, seit meiner Abreise aus Norwegen und bis heute, Freundschaft mit dem Wind geschlossen. War das herrlich, so stelle ich mir das Paradies für Radfahrer vor; leider blieb es nur bei diesem einen Tag;-((.

Dafür hatte ich noch nette Begegnungen. Zum Beispiel mit Malte aus Bonn, der mir mit seinem großen Plakat" WWW.Maltegoesnordkapp.de" entgegen kam. Wir saßen eine halbe Stunde am Strassenrand und ich konnte ihn den ein oder anderen Tipp für seine Tour geben.
Ein anderes Mal, gab mir ein Flensburger während einer Stunde gemeinsamen Radelns, historischen Unterricht in Sachen Geschichte der Dänen in Norddeutschland.

Vorgestern abend nahm ich ein Zimmer in der Nähe von Verden/Aller. Just in dem Moment, wo mir der Wirt den Schlüssel aushändigen wollte, kam der spielende Musikverein, der Schützenverein  und sowieso das ganze Dorf und forderte den Tribut des einzigen Gastwirt des Ortes. Statt den Schlüssel bekam ich ein Haake-Beck Bier in die Hand(auf nüchternen Magen) und dann noch eins..... Dann war ich Haake-Dicht und bin zum allerersten mal auf meiner Reise am anderen Morgen nur durch meinen Wecker wach geworden; gerädert, ohne dass mein Rad Schuld daran hatte;-)

Habe meine erste Einladung zur Übernachtung bekommen(lag dummerweise in entgegengesetzter Richtung;trotzdem nett) und, und und.

Gesundheitlich geht es mir wieder ausgezeichnet. Ich habe schon nach 2 Tagen die Schmerztabletten gegen meine Knieschmerzen wieder runtergefahren und am vierten Tag ging es wieder ganz ohne. Vielen Dank fürs Mitfühlen und ganz besonderen Dank auch an die Medizinerfraktion unter Euch, die mich beraten hat. Gut, dass man Freunde hat !

Heute, kurz vor Fankfurt, hätte meine meine Reise dann aber beinahe wirklich zu Ende sein können.
Mein, seit zwei Tagen defekter Radständer, klemmte sich zwischen die Speichen und brachten das Rad  aus voller Fahrt abrupt zum Stehen. Meint Hinterrad stellte sich senkrecht nach oben in die Luft und wohl nur das viele Gepäck und Zelt etc. verhinderte, dass ich kopfüber auf den Asphalt geknallt wäre.

Nach zwei Stunden beim Fahrradhändler Leidlein war der Ständer neu, der Achter wieder draussen und das Rad wieder wie neu.
Was mir dort als Aua erspart blieb, gab' dann später. Als ich nach einem kleinen 35-minütigen Läufchen, im Garten den Rasen gemäht hatte, konnte ich nicht der Versuchung der Kirschen wiederstehen; und bin prompt beim Pflücken vom Baum gefallen. Ein Paar Hautabschürfingen mit heftigem Brennen behindern mich hoffentlich nicht beim weiterradeln.

Nach dem heutigen Tiefststand mit 130 km wird es morgen mit 155km auch nicht viel länger, bevor dann ab Mittwoch wider die Zweihunderter anfangen könnten.(?)

Eine kleine Sache zum Schluss: Nachdem ich zu Beginn oft erst mal hundert und mehr Kilometer bis zum ersten Essen nach dem Frühstück fahren konnten, ist dies mir jetzt nicht mehr möglich. Die Fettreserven sind aufgebraucht und ich muss alle 50 km, in nicht unerheblichen Umfang, Nahrung zu mir nehmen(was mir ausserordentlich gut gefällt;-)) Pro Hundert Kilometer liegt dabei mein finanzieller Einsatz nicht mehr weit unter dem deines Kleinwagens; allerdings emissionsfrei.

Einen lieben Gruß aus Sachsenhausen

Bernhard

P.S.: Zur Ehrenrettung der Schweden: Natürlich gibt es dort das Y; hatte es nur nicht gleich gefunden. Aber in jedem Land in Skandinavien, ist die Tastatur anders gewesen, das @, das Z, Das Y immer irgendwo anders. Verwirrend. Bin auf den Süden gespannt.

 


 

7. Juli - Frankfurt - tour de france

Guten Morgen,

nachdem mich die letzten 3 Tage der Wind fast umgehauen hatte, mache ich heute, auch für meine Psyche sehr wichtig, ein Gammeltag. Frühstück, mailen und dann am späteren Vormittag so langsam Richtung Strasburg( ca 80 km) aufmachen. Dann ist es auch wärmer und ich kann wegen meiner offenen Schürfwunden auch in kurzer Hose fahren.

Mich wird in den näöchsten Tagen der Mistralwind im Rhonetal voll von vorne erwischen, deshalb hoffe ich, dass ich mich vielleicht unbemerkt in das Fahrerfeld der Tour de France einreihen kann, um dann gemütlich im Windschatten der anderen voranzukommen. Wenn es sehr gut läuft, springt sogar ein Etappensieg dabei raus, mit all den Siegerbussis. Ich freue mich schon darauf; also alle TV gucken;-))))

Frühstück wartet, und tschüss.

Bernhard 

 


 

14. Juli - Hinter Barcelona - Halb unne

Hallo wiedermal

Gerstern war meine dritte Woche vorbei und ich habe sie in der Naehe von Perpignan, wild campend und mit vielen Leckereien gefeiert.

Aber erst mal der Reihe nach:
Ich wurde nach spaeter Abreise aus Karlsruhe( Dank an Nina, Heike und Bernd fuer Pasta bis zum Umfallen) von einem zwar vielschwaetzenden, aber aeusserst kompetenten Schwaben durch Kehl und Strassburg geleitet und bin spaeter von einem elsaessischen Radrennfahrer bis kurz vor Mulhouse gebracht worden; was mich allerdings, wegen dessen hohen Tempos, viel Schweiss gekostest hat.

Frankreichs Strassen sind eng, jeder Franzose scheint mit drei Autos gleichzeitig auf der Strasse zu sein und es herrscht grundsaetzlich immer heftiger Gegenwind. Immer ? Nein, vor drei Tagen, in Valence, hatte ich zum ersten mal seit Daenemark Rueckenwind. Was kann radeln soooo schooooooooen sein. Man nimmt die Landschaft ganz anders war. Sonst waren die Gegenwinde immer so haeftig, dass ich mich noch nicht mal auf meinem Triathlonlenker legen konnte, weil der boeige Wind, mich entweder in die Pampa,oder vors Auto warf. Nur ein Nachteil hatte der Rueckenwind: mein erster Sturz.Auf regennasser Fahrbahn bin ich einem urploetzlich haltendem Auto hinten rein und von dort auf die Strasse( nach einer Stunde war das Taubheitsgefuehl weg und nur ein paar kleine offene Stellen an der Hand blieben mir).Leider kamen mir auch im Verlauf des Tages irgendwie alle meine Landkarten mit allen ausgearbeiteten Routen weg; inkl. aller Faehrfahrten nach Marokko, meine evtl Flugverbindungen und viele andere aufgeschriebene Infos. Und trotzdem; dieser eine Tag Rueckenwind war es mir wirklich Wert.

Am schoensten hat mir das franz. Jura und das Rhonetal gefallen. Und komischerweise fallen mir hier die guten Gerueche immer wieder auf und ich bin schon zwei mal mit Obst beschenkt worden.
Erstaunlich ist auch welche franzoesische Vokabeln, sich nach ueber 30 Jahren, noch in so manchen Windungen meines kleinen Sportlerhirns finden lassen. Nur Wegbeschreibungen von Fremden waren schwer verstaendlich. Dafuer hatte mir aber im hinterletzten Winkel ,nach einer Irrfahrt, ein altes franz. Paearchen mit einer sagenhaften Skizze ,mit den allerbesten Angaben meiner ganzen Reise, es fertig gebracht mich ueber 30 km wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Alter schuetzt vor Klugheit nicht;-)

Heute morgen, um kurz nach 6.00 Uhr, noch im Haldunkeln, habe ich mich auf den Weg nach Barcelona gemacht. Nur twas ueber 200 Hoehenmeter und ich war ueber den Pyrinaeen, und bin auf fantastischen Strassen, mit breiten Seitenstreifen, Richtung Barc. gerollt. Bis dann eines dieser Fahrradsverbotschilder auftauchte. Ein junger Franzose mit Gitarre auf dem Ruecken, altem Rad, undichtem Zelt( und andere Unsagbarkeiten)stand vor den selben Problem. Der Tanksstellenbesitzer sagte: "Augen zu und durch". Wir haben doch ab und zu die Augen aufgemacht und sind anschliessend noch eine Weile zusammengeradelt. Die letzten 50 km vor Barcelona war hoellischer Verkehr, der urploetzlich aufhoerte, als die Autobahn gebuehrenfrei wurde. Mit viel Fragerei habe ich mich dann ueber 3 Stunden durch die Stadt gekaempft, bis ich auf dem Weg nach draussen auf einer 6spurigen( in einer ! Richtung) Autopista, einer Vorstufe zur Autobahn, gelandet bin. Musste dann auf dem aussersten Rand durch viel Glas fahren und hatte prompt meinen ersten Platten ( nach jetzt 4800 km). Also wieder runder vom Highway, Platten flicken und gleich wieder drauf. Nachdem ich noch 2 Fahrspuren in die Mitte wechseln musste, weil jene zum Airport fuehrten und links und rechts die Autos mit 100 Stundenkilometer an mir vorbei fuhren, war ich doch sehr ueberrascht, als ich in meinem Rueckspiegel ein Rennradfahrer sah. Mit Pablo fuhr ich dann, nun selber im hohen Tempo, in seinem Schutze, die naechsten 20 Kilometer, auf dem Seitenstreifen und wir unterhielten uns ueber Triathlon. Zum Schluss schenkte er mir noch seinem Ersatzschlauch und zeigte mir einen Supermarkt( Irgendwie bin ich ab 17.00 nur beruhigt, wenn ich die Taschen voller Lebensmittel habe). Wegen der Hauptreisezeit ist es jetzt gar nicht so einfach eine Unterkunft zu finden und ich habe es unter einigem Bangen, noch kurz vor dem Dunkelwerden doch noch geschafft. Heute war aber ein Hotel dringend angesagt. Total verschwitzt, dreckige Reparaturhaende und Waesche waschen wegen. Habe nur schnell die Haende gewaschen und bin verschwitzt und hungrig erst mal ins Internetcafe gefahren, um mich wieder mal zu melden.

Ich habe noch etwa 1400 km vor mir. Bin gespannt was noch so alles passiert; und das Abenteuer Rueckreise muss auch erst mal bestanden werden, nachden mir auf franzoesichen Bahnhoefen keiner ! in der Lage war, eine Zugverbindung fuer mich und mein Rad von Frankreich nach Frankfurt rauszusuchen;-((.

So, nun kurz vor Mitternacht, ins Hotel: Essen, duschen, waschen, schlafen und dann ist morgen ab 8.00 Uhr wieder Fruehstuecksbuffet....

Macht es gut.

 


 

21. Juli -  3 5 2 1

GESCHAFFT !!!!!

Nach 3 Wochen, 5 Tagen, 21 Stunden und etwas ueber 6000 km, bin ich gestern in Algeciras/Gibraltar vom Rad gestiegen.
Meine Vision, Europa mit eigener Muskelkraft zu durchqueren und es dabei auf eine ganz besonderen Art und Weise wahrzunehmen, habe ich verwirklichen koennen. Mission erfuellt.

Aber so wieder Weg hierhin, ein schwieriger, bisweilen auch ein verbotener war, haette ich nie gedacht,dass es fast genauso schwierig ist, von hier wieder wegzukommen. Aber erst mal der Reihe nach.

Nachdem ich das "Stahlbad Barcelona" gluecklich hinter mir gelassen hatte, ging es weiter flott voran. Das lag vor allem daran, dass Wind & Bernhard endlich Freunde wurden. Schon der Mistral, der mir eigentlich im Rhonetal entgegenblasen sollte hatte keine Lust mehr und so schob mich der Wind geschwind Richtung Ziel.

Die groessten Schwierigkeiten hatte ich meist mit Landstrassen, die urploetzlich zu Autobahnen wurden. Umso suedlicher, desto schlimmer; aber immerhin auf dem besten Strassenbelag ganz Europas;-)

Von dem letzten 120 km, von Malaga hierher, waren 2/3 Autobahnen, oder autobahnaehnliche Strassen.
Weder Polizei noch spanische Radrennfahrer, sahen eine legale Moeglichkeit als Radfahrer nach Gibraltar zu gelangen. Fuer mich gab es nur die Moeglichkeit, in Malaga abzubrechen, oder das Adrenalin auszupacken( welches bei mir nur beim Anblick von Mohnkuchen so extrem auftaucht;-)) und durchzustarten. Obwohl schon ueber 200 km in den Beinen habe ich die letzten 40 km meiner Reise, mit Adrenalin im Blut und dem endgueltigen Ziel vor Augen, nochmal im 30Stundenkilometerschnitt bewaeltigen koennen. Um kurz vor 21.00 Uhr, gerade noch rechtzeitig, um meine Faehre nach Marokko fuer den heutigen Tag zu buchen, kam ich am suedlichsten Zipfel Spaniens an.

Heute war ich dann schnell einmal in Afrika. So dachte ich mir das wenigstens. Obwohl Hin- und Rueckfahrt laut den Versprechungen des Faehrunternehmens insgesamt nur 70 Minuten dauern sollten, sprangen nach 11 Stunden umstaendlicher Pass- und Zollkontrollen, Transfers und sonstiger Schwierigkeiten, nur 90 Minuten Afrika heraus. die Unterschiede im Leben dies- und jenseits des Mittelmeeres haben mich ein wenig an die kulturellen Unterschiede im Leben von Frankfurtern und Offenbachern erinnert,-)).

(Uebrigends: von diesem Hafen hier, bin ich genau vor 11 Jahren mit einem Frachtschiff nach Amerika gefahren)

Unterwegs, auf meinem letzten Abschnitt hatte ich natuerlich auch wieder ein paar nette Begegnungen:
z.B. 2 weitere Platten; mitten in einsamen, wuestenaehnlichen Landschaften, im Dreck und bei bestimmt 50 Grad in der Sonne.

Oder, ein Tankstellenbesitzer, der mich des Diebstahls bezichtigte, weil ich gerade in meiner total zerfledderten und abgenutzten Landkarte sah, die er auch selber neu verkaufte.

Oder, ein Hund der aus einem, Hof geschossen kam, sich mir in beaengstigender Weise naeherte und mir dadurch eine aussergewoehnliche Radsprintleistung abforderte.

Oder, 2 Polizisten, die sich ueber eine sehr lange Zeit hinweg wunderten, wie ein vollbepacktes Reiserad auf eine Autobahntankstelle gelangt sein koennte und mich dadurch noetigten, voellig unauffaellig, dauernd Essen und Trinken zu kaufen.

Oder auch eine Slapstickeinlage: In Rueckspiegel meines Helmes sah ich eine grosse Rauchfahne auf mich zukommen. Kurz hinter mir dann ein fuerchterlicher Knall, mir um die Ohren fliegende Teile und dann ein rauchender Autoreifen, der mich ganz alleine vor sich hinrollend, vorschriftsmaessig links ueberholte und dann 2 Meter vor mir scharf rechts in die Pampa abbog, waehrend der Autofahrer seelenruhig weiterfuhr.

Natuerlich bleibt mir auch das nette, suedafrikanische Rentnerpaar in Erinnerung, welches 5 Monate durch Suedeuropa radelt und mir durch den gemuetlichen Tritt eine Verschnaufpause goennte.

Oder, die 3 netten, aelteren spanischen Radrennfahrer, die nach meiner 2. Panne, alle ihre dabeihabenden Ersatzschlaeuche herausholten, den passnsten mir schenkten, um gefahrlos zum naechsten, 30 km entfernten, Radshop zu gelangen.

Oder, ein Radrennfahrer, der grusslos ueberholte, mich dann 20 km spaeter, nach der Fahrt durch eine Ortschaft, wieder ueberholte, mir eine gerade gekaufte, eisgekuehlte Wasserflasche rueberreichte und sagte" you are a hero" und dann wieder wortlos weiterfuhr.

Und zum wahrlichen Abschluss traf ich bei meiner Ankunft im Hotel einen Norweger, der mich fragte woher ich geradelt komme, ich mit "Nordkapp, Norwegen" antwortete und er nur schmunzelnd "never" sagte.

So, nun komme ich zum Ende, um nochmal ein bisschen im Internet wegen meiner Heimreise zu recherchieren, wie ich und mein Rad wieder nach Frankfurt gelangen koennten. Es kann ruhig 5mal solange wie ein Tagesflug dauern( hoffentlich finde ich etwas, um meinen Lesehunger zu stillen) und wird bestimmt auch 5mal so teuer werden, aber es kommt mir darauf an, meine bisherigen Art des langsamen Reisens auch weiterhin treu zu bleiben; wenn nur irgendwie moeglich. Die bisherigen Auskuenfte bei der spanischen Bahn (" nicht moeglich") und aller Busgesellschaften( " nur ganz klein verpackt und nur bis Barcelona") sind nicht gerade vielversprechend. Die Flughaefen sind sowieso nicht mit dem Rad zu erreichen. Mal sehen was mir noch so einfaellt.

Vielleicht verpacke ich mich selbst( mit meinem Rad) und verschicke mich mit DHL. Also, wenn bei Euch ein grosses Paket vor der Tuere steht, vorsichtig aufmachen, ich koennte zum Vorschein kommen. Wie und wann es mir gelungen ist, wieder nach Frankfurt zu kommen, erfahrt Ihr dann, zusammen mit einem kurzem Fazit, durch meine letzten Mail.

Bis bald in Frankfurt, Bernhard

 


25. Juli  - widder middedrin

Ein letztes "Hallo zusammen" aus Frankfurt

Weil Frankfurt eindeutig über magische & magnetische Anziehungskräfte verfügt, klappte es mit meiner Rückkehr, nach einer kleinen Odyssee, nun doch schneller als gedacht. Und das kam so:

Nach meinem Marokkoausflug und nächtlicher Mail, stand ich am Montagmorgen pünklich zur Öffnung vor dem spanischen Postamt. Ich erfuhr: Pakete über 1m Länge nimmt die spanische Post nicht an. Pech. Ein Besuch beim spanischen DHL-Büro machte mir auch wenig Hoffnung und so empfahl mir ein Mitarbeiter meines Hotels, die spanische Frachtagentur SEUR aufzusuchen. Nach 20km durch's spanische Hinterland und durch Industriezonen fand ich (wie meist) nur spanisch sprechende Mitarbeiter vor. Nachdem man mich wegen der Verständigungsprobleme einfach nicht mehr beachtete, gelang es mir doch nochmal mit Händen und Füßen ein Angebot für 355,-€ auszuhandeln.

Mit der Telefonnummer von SEUR bin ich dann wieder zurück ins Hotel geradelt, mit der Alternative im Kopf, für 150,-€ eine Taxifahrt zum 100 km entfernten Flughafen von Jerez (Ryanair), mit einem schon im Hotel verpackten Rad zu organisieren und im Internet noch schnell ein Flugticket zu erwerben.

Doch irgendwie siegt mein Gewisen und damit "Zug vor Flug".

Als ich die Dame an der Rezeption bat, für mich bei der Frachtagentur anzurufen, ging alles ganz schnell: Innerhalb 1 Stunde wurde mein Fahrrad abgeholt (ich musste es nicht einmal verpacken) und zu meiner Überraschung sollte ich für meine geschätzen 13 Kilo Rad nur noch 75,-€ zahlen. Nach kurzem Trennungsschmerz, gab ich mein Rad in fremde Hände und muss nun insgesamt 5 bis 6 Tage warten bis ich meinen treuen Reisegefährten, hoffentlich einigermaßen heil, wieder in Empfang neben kann. Die sicherlich letzte Aufregung meiner Reise.

Als das Rad weg war, bin ich umgehend zum Bahnhof und habe mir die Tickets Algeciras - Madrid und Nachtzug Madrid - Paris besorgt.

Leider gab es, an meinem ersten freien Nachmittag nach über 4 Wochen, weder eine Möglichkeit zu joggen, oder ans Meer zu gehen und so habe ich die Zeit genutzt, um aus 4 Fahrradpacktaschen, Schlafsack, Kopfkissen, Isomatte, Zelt und Helm ein tragbares Konstrukt zu bauen, das mein 5-maliges

Umsteigen und die Wege zum und vom Bahnhof, nicht zu einer Tortur werden lassen sollten. Nach all diesen Anstrengungen um das "Nachhausekommen" und der Packerei, merkte ich welch eine große Last von meinen Schultern fiel und ich fiel fast augenblicklich in einen einstündigen Tiefschlaf.

Natürlich hätte der, offiziell eigentlich nicht für Fahrräder geeignete Zug, ausreichend Platz für Räder gehabt, aber auch ohne, genoss ich die Fahrt durchs bergige Hinterland Andalusiens, die Estremadura und die flache Hochebene Kastiliens. Zum allerersten Mal in Spanien sah ich, dass mit " rio ........" angekündigte Flüsse, auch Wasser enthalten können. Als komisch empfand ich, obwohl ich den Ausblick aus dem Fenster und das Nichtstun im Zug genoss, dass ich die Landschaften nicht mehr in gewohnter Weise wahrnehmen konnte: Ich spürte kein Wind mehr um die Nase, sah viele Berge, wußte aber nie ob wir gerade hoch- oder runterfuhren und ob es warm, heiss oder schwül war.

In Madrid konnte ich endlich wieder mal in einen Spiegel sehen;-).

Im Hotelzug(4-er Abteile) ging es, mit vielen Interrailern, über Nacht, nach Paris. Bezeichnend war, dass die beiden spanischen( und schnarchenden) Mitreisenden kein Englisch konnten und so war ich froh, dass ich mit einem sehr interessierten Koreaner, sowohl über europäischen Fußball, als auch über Willi Brand und Guilleaume ! reden konnte.

In Paris hat mir dann ein dummer Zufall 4 Stunden Wartezeit, aber auch ein 1-Klasse-Ticket( mit vielen telefonierenden, gleichzeitig auf den Laptop tippenden und dabei noch FAZ-Lesenden Wirtschaftlern; ich fühlte mich deplaziert, wusste aber, dass ich jetzt wieder zu hause angekommen bin)nach Frankfurt beschert, wo ich nach genau 5 Wochen nun wieder aufgetaucht bin.

Mein Fazit:

Zunächst einmal möchte ich mich hier bei Euch bedanken. Dafür, dass Ihr mit Ratschlägen, Tipps und Euren Mailaufmunterungen mir gezeigt habt, dass ich zwar alleine unterwegs war, aber im gewissen Sinne doch viele engagierte und liebenswürdige "Mitradler" hatte. Dies zu merken, hilft einem  in schwierigen Situation sehr. Dafür ein dickes "DANKE SCHÖN".

Dass ich trotz gelegentlicher Schwierigkeiten, an manchen Tagen und Abenden meine existenziellen Grundbedürfnissen zu befriedigen, immer letztendlich doch einen Platz zum Schlafen fand und mich nie hungrig schlafen legen musste, lässt mich nachdenklich machen, wie selbstverständlich das alles doch in unserer satten und zivilisierten westlichen Welt geworden ist.

Ich glaube, was mich stark für ein solches Unternehmen gemacht hat, war mein Gottvertrauen ( trotz aller "Hetze", habe ich es meist geschafft täglich zu meditieren; notfalls auch auf dem Rad) und dass ich alle mir angeborenen Bedürfnisse wie Lesen und Joggen, für diese 4 Wochen hintenangestellt habe.

Bis auf ein paar allerhärtester Gegenwindetappen und ein paar idiotischer Fahrradsverbotsschilder hat mir das Radeln unbändigen Spaß gemacht. Ich freue mich über meine erbrachte Leistung.

Mal sehen, was mir als nächstes "Unmögliches" zum Reisen einfällt; oder wisst Ihr etwas?;-)))

Zum Schluss noch meine persönliche "Best of"-Tabelle:

- die besten Straßen:  Spanien
- die besten Radwege:  Dänemark
- die meisten Radler:  Dänemark
- die meisten Reiseradler:  Deutschland
- die schlechtesten und aggresivsten Autofahrer:  Deutschland
- die freundlichsten Menschen:  Deutschland
- die besten Supermärkte:  Schweden
- der größte und nervigste Supermarkt:  Lidl, den gibt es einfach überall, in Esp sogar am meisten
- den dümmsten Werbespruch: "Ich bin doch (nicht) blöd" auf spanisch
- die beste Währung:  € , 3 verschiedene Kronenwährungen waren nervig und teuer im Umtausch
- den besten/billigsten Internetzugang:  Schweden
- die schwerste Strecken: die 130/150 km vor und hinter Frankfurt(wg Wind) 250 km in Schweden bei starken Wind(wg Fußballhalbfinale)
- die längste Strecke: 1. Tag   306 km
- die geschätzte Summe aller von mir zu bezahlenden Bußgelder wegen Straßenverkehrsdelikte 27.961;- € 

Eine letztes Wort zum Gegenwind: Ich hatte nach meiner Abreise aus Frankfurt, bis kurz vors Mittelmeer,  wegen des heftigen Gegewindes, das Gefühl, dass mir in Frankfurt einer von Euch ein Theraband hinten an mein Fahrrad festgebunden hat. Also wer war es ?
Dann muß es einer durchgeschnitten haben, denn anstatt des Mistrals hatte ich meist  bis zum Ende Rückenwind. Danke, fürs Pusten.

Danke für's Lesen & Dabeisein.

Bernhard

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