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"von obbe nach unne" - 25. Juli - widder middedrin

Seite 15 von 15: 25. Juli - widder middedrin

25. Juli  - widder middedrin

Ein letztes "Hallo zusammen" aus Frankfurt

Weil Frankfurt eindeutig über magische & magnetische Anziehungskräfte verfügt, klappte es mit meiner Rückkehr, nach einer kleinen Odyssee, nun doch schneller als gedacht. Und das kam so:

Nach meinem Marokkoausflug und nächtlicher Mail, stand ich am Montagmorgen pünklich zur Öffnung vor dem spanischen Postamt. Ich erfuhr: Pakete über 1m Länge nimmt die spanische Post nicht an. Pech. Ein Besuch beim spanischen DHL-Büro machte mir auch wenig Hoffnung und so empfahl mir ein Mitarbeiter meines Hotels, die spanische Frachtagentur SEUR aufzusuchen. Nach 20km durch's spanische Hinterland und durch Industriezonen fand ich (wie meist) nur spanisch sprechende Mitarbeiter vor. Nachdem man mich wegen der Verständigungsprobleme einfach nicht mehr beachtete, gelang es mir doch nochmal mit Händen und Füßen ein Angebot für 355,-€ auszuhandeln.

Mit der Telefonnummer von SEUR bin ich dann wieder zurück ins Hotel geradelt, mit der Alternative im Kopf, für 150,-€ eine Taxifahrt zum 100 km entfernten Flughafen von Jerez (Ryanair), mit einem schon im Hotel verpackten Rad zu organisieren und im Internet noch schnell ein Flugticket zu erwerben.

Doch irgendwie siegt mein Gewisen und damit "Zug vor Flug".

Als ich die Dame an der Rezeption bat, für mich bei der Frachtagentur anzurufen, ging alles ganz schnell: Innerhalb 1 Stunde wurde mein Fahrrad abgeholt (ich musste es nicht einmal verpacken) und zu meiner Überraschung sollte ich für meine geschätzen 13 Kilo Rad nur noch 75,-€ zahlen. Nach kurzem Trennungsschmerz, gab ich mein Rad in fremde Hände und muss nun insgesamt 5 bis 6 Tage warten bis ich meinen treuen Reisegefährten, hoffentlich einigermaßen heil, wieder in Empfang neben kann. Die sicherlich letzte Aufregung meiner Reise.

Als das Rad weg war, bin ich umgehend zum Bahnhof und habe mir die Tickets Algeciras - Madrid und Nachtzug Madrid - Paris besorgt.

Leider gab es, an meinem ersten freien Nachmittag nach über 4 Wochen, weder eine Möglichkeit zu joggen, oder ans Meer zu gehen und so habe ich die Zeit genutzt, um aus 4 Fahrradpacktaschen, Schlafsack, Kopfkissen, Isomatte, Zelt und Helm ein tragbares Konstrukt zu bauen, das mein 5-maliges

Umsteigen und die Wege zum und vom Bahnhof, nicht zu einer Tortur werden lassen sollten. Nach all diesen Anstrengungen um das "Nachhausekommen" und der Packerei, merkte ich welch eine große Last von meinen Schultern fiel und ich fiel fast augenblicklich in einen einstündigen Tiefschlaf.

Natürlich hätte der, offiziell eigentlich nicht für Fahrräder geeignete Zug, ausreichend Platz für Räder gehabt, aber auch ohne, genoss ich die Fahrt durchs bergige Hinterland Andalusiens, die Estremadura und die flache Hochebene Kastiliens. Zum allerersten Mal in Spanien sah ich, dass mit " rio ........" angekündigte Flüsse, auch Wasser enthalten können. Als komisch empfand ich, obwohl ich den Ausblick aus dem Fenster und das Nichtstun im Zug genoss, dass ich die Landschaften nicht mehr in gewohnter Weise wahrnehmen konnte: Ich spürte kein Wind mehr um die Nase, sah viele Berge, wußte aber nie ob wir gerade hoch- oder runterfuhren und ob es warm, heiss oder schwül war.

In Madrid konnte ich endlich wieder mal in einen Spiegel sehen;-).

Im Hotelzug(4-er Abteile) ging es, mit vielen Interrailern, über Nacht, nach Paris. Bezeichnend war, dass die beiden spanischen( und schnarchenden) Mitreisenden kein Englisch konnten und so war ich froh, dass ich mit einem sehr interessierten Koreaner, sowohl über europäischen Fußball, als auch über Willi Brand und Guilleaume ! reden konnte.

In Paris hat mir dann ein dummer Zufall 4 Stunden Wartezeit, aber auch ein 1-Klasse-Ticket( mit vielen telefonierenden, gleichzeitig auf den Laptop tippenden und dabei noch FAZ-Lesenden Wirtschaftlern; ich fühlte mich deplaziert, wusste aber, dass ich jetzt wieder zu hause angekommen bin)nach Frankfurt beschert, wo ich nach genau 5 Wochen nun wieder aufgetaucht bin.

Mein Fazit:

Zunächst einmal möchte ich mich hier bei Euch bedanken. Dafür, dass Ihr mit Ratschlägen, Tipps und Euren Mailaufmunterungen mir gezeigt habt, dass ich zwar alleine unterwegs war, aber im gewissen Sinne doch viele engagierte und liebenswürdige "Mitradler" hatte. Dies zu merken, hilft einem  in schwierigen Situation sehr. Dafür ein dickes "DANKE SCHÖN".

Dass ich trotz gelegentlicher Schwierigkeiten, an manchen Tagen und Abenden meine existenziellen Grundbedürfnissen zu befriedigen, immer letztendlich doch einen Platz zum Schlafen fand und mich nie hungrig schlafen legen musste, lässt mich nachdenklich machen, wie selbstverständlich das alles doch in unserer satten und zivilisierten westlichen Welt geworden ist.

Ich glaube, was mich stark für ein solches Unternehmen gemacht hat, war mein Gottvertrauen ( trotz aller "Hetze", habe ich es meist geschafft täglich zu meditieren; notfalls auch auf dem Rad) und dass ich alle mir angeborenen Bedürfnisse wie Lesen und Joggen, für diese 4 Wochen hintenangestellt habe.

Bis auf ein paar allerhärtester Gegenwindetappen und ein paar idiotischer Fahrradsverbotsschilder hat mir das Radeln unbändigen Spaß gemacht. Ich freue mich über meine erbrachte Leistung.

Mal sehen, was mir als nächstes "Unmögliches" zum Reisen einfällt; oder wisst Ihr etwas?;-)))

Zum Schluss noch meine persönliche "Best of"-Tabelle:

- die besten Straßen:  Spanien
- die besten Radwege:  Dänemark
- die meisten Radler:  Dänemark
- die meisten Reiseradler:  Deutschland
- die schlechtesten und aggresivsten Autofahrer:  Deutschland
- die freundlichsten Menschen:  Deutschland
- die besten Supermärkte:  Schweden
- der größte und nervigste Supermarkt:  Lidl, den gibt es einfach überall, in Esp sogar am meisten
- den dümmsten Werbespruch: "Ich bin doch (nicht) blöd" auf spanisch
- die beste Währung:  € , 3 verschiedene Kronenwährungen waren nervig und teuer im Umtausch
- den besten/billigsten Internetzugang:  Schweden
- die schwerste Strecken: die 130/150 km vor und hinter Frankfurt(wg Wind) 250 km in Schweden bei starken Wind(wg Fußballhalbfinale)
- die längste Strecke: 1. Tag   306 km
- die geschätzte Summe aller von mir zu bezahlenden Bußgelder wegen Straßenverkehrsdelikte 27.961;- € 

Eine letztes Wort zum Gegenwind: Ich hatte nach meiner Abreise aus Frankfurt, bis kurz vors Mittelmeer,  wegen des heftigen Gegewindes, das Gefühl, dass mir in Frankfurt einer von Euch ein Theraband hinten an mein Fahrrad festgebunden hat. Also wer war es ?
Dann muß es einer durchgeschnitten haben, denn anstatt des Mistrals hatte ich meist  bis zum Ende Rückenwind. Danke, fürs Pusten.

Danke für's Lesen & Dabeisein.

Bernhard

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